Erledigungsblockade und ihre Überwindung
Was ist eine Erledigungsblockade?
Menschen mit Erledigungsblockade können sich zu bestimmten alltäglichen Verrichtungen einfach nicht aufraffen. Sie bezahlen z.B. Rechnungen nicht und legen Mahnungen und Steuererklärungsformulare auf einen stetig wachsenden Pendenzenberg. Das schlechte Gewissen führt dazu, dass sie z.B. aus Angst Briefe nicht mehr öffnen und Abholeinladungen ignorieren. Im Gedanken ans Erledigen fällt es einigen schwer, rechtzeitig nach Hause zu gehen, um etwas zu erledigen, ihre Wohnungen sind unordentlicher als sie es gerne hätten. Viele machen Schulden, obwohl sie genug verdienen, einige weichen alltäglichen Situationen aus, um unangenehme Begegnungen zu vermeiden. Wille und Motivation sind vorhanden: Sie möchten die Steuererklärung ausfüllen, die Bibliotheksbücher zurückbringen, Rechnungen begleichen – sie schaffen es aber nicht. Regelmässig haben sie Mahngebühren zu bezahlen oder werden betrieben. Kompensatorisches Verhalten gehört oft zur Problematik, manchmal auch ein Suchtverhalten: Je nach Neigung vermeiden sie das Angehen der Pflicht durch stundenlanges Fernsehen, Surfen im Internet, Überstunden, Einkaufen, Alkohol- oder Cannabiskonsum usw. Danach ist es „zu spät für heute“ sie können nichts mehr erledigen und nehmen sich wieder vor, „es morgen endlich zu tun“. Doch auch in den nächsten Wochen hält sie immer etwas von der Erledigung ab.
Mögliche Gründe
Einige der Betroffenen leiden an einem Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom (ADHS), bei anderen führte ein Erschöpfungssyndrom dazu oder eine lähmende Krise, z. B. eine Trennung. Einige werden unruhig und „müssen“ flüchten, wenn etwas für sie langweilig oder unangenehm ist. Vielleicht ist meist eine unerkannte, lähmende Angst vorhanden, oft besteht ein ausgeprägter Perfektionismus: „Wenn ich etwas mache, dann richtig“ – doch für „richtig“ ist nie Zeit. Oft erschweren eine Entscheidungsschwäche oder ein „Vogel-Strauss-Verhalten“ die Situation: wird es brenzlig, stecken sie den Kopf in den Sand und erstarren. Depressionen oder Süchte können ebenso Ursachen sein wie auch Folgen der Erledigungsblockade.
Therapie und Hilfsangebot
Die Situation bessert sich schnell, wenn handlungsorientierte Begleitung angenommen wird. Die Unterstützungsperson übernimmt den Part von Selbstdisziplin, Übersicht, Beharrlichkeit, sowie den Optimismus, dass die Situation gemeistert werden kann. Durch handlungsorientierte Begleitung zeichnen sich bald Lösungen und Erfolge ab. Nach wenigen Sitzungen sind die Briefe geöffnet und sortiert, die Pendenzen erfasst und angegangen, die bedrohlichsten Dinge angepackt. Obwohl es den Betroffenen peinlich ist, bei diesen „einfachen Verrichtungen“ begleitet zu werden, sind sie nach den ersten positiven Erfahrungen äusserst erleichtert. Langsam gewöhnen sie sich daran, dass es auch ein Leben ohne Mahnungen, Druck und Angst gibt, dass Briefe nicht von sich aus bedrohlich sind und erlangen zunehmend Handlungsfähigkeit und Macht über ihr Leben zurück. Erfolg ist: die eigenen Vorsätze umzusetzen.
Neben dem konkreten Erledigen lernen sie in der Therapie auch, mit Kompensations- und Fluchtneigung, negativen Verhaltensmustern, Glaubenssätzen, Fallstricken usw. umzugehen. Blockierende Gefühle werden bewusst wahrgenommen, ausgehalten und ein konstruktiver Umgang damit erarbeitet. Die eigentlich vorhandene Fähigkeit, Dinge zu erledigen wird zu einer realen Fähigkeit.
Ergotherapie wird, wenn ärztlich verordnet, von der Grundversicherung der Krankenkasse bezahlt.